»Hier ist Neunundneunzig Punkt Neun, KISW Radio, The Rock of Seattle. Willkommen zum Weihnachtsspecial, für das wir euch jeden Tag ein Türchen öffnen und ganz besondere Leute hereinbitten. Heute, hinter Türchen Nummer elf …« *Türknarren* »Ja, hallo! …begrüßen wir Lee und Judith. Cool, dass ihr hier seid! Stapft euch den Schnee von den Stiefeln, legt die Mäntel ab, kommt rein und nehmt euch ‘nen Punsch.«
Lee: »Wurde auch mal Zeit, dass einer aufmacht. Scheißkalt da draußen.«
Judith: »Danke für die Einladung.«
»Für alle, die gerade zugeschaltet haben oder es nicht wissen: Lee B. Driver und Judith Armstrong sind Frontman und Cellistin …« *lacht* »… Cellist hätte ich beinahe gesagt … der Band SOLO.«
Judith: »Kein Ding. Kann schon mal passieren.«
»Ihr habt viel erreicht mit SOLO. Es gab Gold für euer erstes Album, das vor zwei Jahren unter dem simplen Titel One erschienen ist. Gold für Album zwei, Two, vom Februar dieses Jahres. Und, seit vorgestern ist es offiziell …« *Trommelwirbel* »Doppelplatin für eure EP Mercury Blood.« *Fanfaren* *Applaus* »Glückwunsch erst einmal von meiner Seite. Was für ein grandioser Erfolg.«
Lee: »Danke. Das hat uns selbst ziemlich überrascht. Am Montag die Veröffentlichung und Mittwoch diese Auszeichnung. Wie es aussieht, haben wir da draußen eine Menge treuer Fans. Tausend Dank an Euch.«
»Der kommt an, da bin ich sicher. Also, zwei Millionen verkaufte EPs in zwei Tagen, damit kommt ihr zwar nicht an Elvis und die Beatles ran, aber hallo! Verdammt beeindruckend. Respekt! Bedenkt man vor allem, dass ihr vor einem Jahr noch …« *räuspert sich* »… naja, sagen wir mal eine von vielen Seattle Localbands wart, die von Club zu Club tingelten.«
Judith: »Als Tingeln würde ich das nicht bezeichnen, denn das klingt nach einem von Lust und Laune motivierten Wanderzirkus.« *schnaubt amüsiert* »So eine Tour ist harte Arbeit, die gegen relativ geringe finanzielle Entlohnung eine Menge Disziplin einfordert. Das sehen all die anderen Localbands sicher ähnlich.«
»Ohhhh, da hört man die Vollblut-Konzertcellistin aus dir sprechen. Nichts für ungut, Judith oder Jude, wie Lee und eure Bandkollegen dich nennen. Wer bei euren ersten Gigs in dieser Konstellation dabei war, hat dich als Mann spielen sehen. Wie kam es dazu?«
Judith: »Die Frage beantwortet besser Lee.«
Lee: »Naja, das war so, dass ich mir damals, als uns unser letzter Cellist Elias – Gruß an dich, alter Freund – verließ, einfach überzeugt war, dass er durch einen Mann ersetzt werden sollte. Es lief gut in der Band, gab kaum Zoff oder Ärger. Wir harmonierten einfach. Ja, und da meinte ich eben, eine Frau …« *lacht trocken*
»Ui, ui, dünnes Eis, Lee, ganz dünnes Eis. Ich höre es schon knacken unter deinen Füßen.«
Judith: »Genau.« *gurrt* »Pass auf, wo du hintrittst.«
Lee: »Ich fürchtete ganz einfach, eine Frau könnte die Harmonie aus der Waage bringen. Mal Hand aufs Herz. Fünf Typen und eine Frau, da ist das Risiko hoch, dass es irgendwann knistert, dass es privat wird. Und Privates mit dem Job zu vermischen, ist in den wenigsten Fällen gut … dachte ich jedenfalls. Es hätte knallen können, die Band splitten.« *atmet durch* »Ist zum Glück ja nicht passiert.«
»Was? Das Knistern oder der Knall?«
Judith und Lee *lachen beide*, Lee: »Der Knall.«
»Wollte ich doch meinen. Ausgerechnet du, der diese Forderung gestellt hast, bist Jude und ihrem Charme verfallen.« *freut sich diebisch* »Oder besser gesagt: seinem Charme.«
Lee: »Nee, nee.« *klingt sehr entschieden* »Mein Unterbewusstsein hat mir mit Sicherheit Botschaften gesendet und darauf hingewiesen, dass Jude kein Kerl ist. Ich hab’s nur nicht gleich kapiert und war ein paar Tage irritiert. « *pausiert grüblerisch, genüsslich vielleicht auch* »Aber es ist gut so, wie es gekommen ist. Wir tun einander sehr gut, ergänzen uns.«
Judith: »Nicht nur auf musikalischer Ebene.«
»Aber dort ohne Zweifel perfekt. Dieser Mix von Rock und Klassik, ein Stilbruch eigentlich, gelingt nicht vielen.«
Lee: »Bei uns passt es vielleicht auch, weil es eben über das Musikalische hinausgeht.«
»Nach dem durschlagenden Erfolg von Little Me, das ihr in San Francisco als Vorband zum ersten Mal live gespielt habt, hast du dich etwas zurückgezogen, Lee. Du hast durchsickern lassen, dass du nicht nur an neuen Songs, sondern auch an dir selbst arbeiten musst. Der Schreibprozess ist mit der EP erst einmal abgeschlossen, doch wie steht es mit dem Rest? Geht’s dir gut?«
Lee: »Jeden Tag besser.«
»Schön zu hören, wirklich. Ein bisschen hört man das auch heraus, wenn man sich Mercury Blood reinzieht. Weniger Schwermut, weniger Drama bekommt man da beim gleichen, mal sanften, mal brachialen Klang auf die Ohren. Alles in Einem klingt es auf gute, ganz unkomplizierte Weise … versöhnlich, sag ich mal. Wie siehst du das, Judith?«
Judith: »Ähnlich. Mit Mercury Blood hat Lee fünf ehrliche, aber größtenteils positive Songs geschrieben, sehen wir von Little Me ab, das lange vorher entstanden ist. An der Musik haben wir beide und unser Gitarrist Josh intensiv gearbeitet und es vorm Recording natürlich auch mit den anderen drei abgestimmt.«
»Das klingt doch weihnachtlich beschaulich, wie es sich gehört. Wie verbringt ihr sechs denn die Feiertage?«
Judith: »Oliver besucht seine Eltern, die an der Ostküste leben. Sean und Ash haben Urlaub auf den Bahamas gebucht. Josh ist ein paar Tage bei seiner Familie und im Anschluss, zusammen mit seiner Schwester, glaube ich, Snowboardfahren am Lake Tahoe.«
»Wunderbar. Und ihr beide?«
Lee: »Am ersten und zweiten Weihnachtstag sind wir in San Francisco bei Judes Eltern. Ihre Brüder werden auch da sein. Es wird eine Menge Hausmusik geben … Outsch!« *lacht* »Jude, warum boxt du mich?«
Judith: »Weil du Blödsinn erzählst.« *lacht auch* »Bei meinen Eltern gibt’s weder Hausmusik noch Kammerkonzerte. Zu Weihnachten jedenfalls nicht. Da lässt jeder sein Instrument ruhen. Wahrscheinlich werden wir jede Menge zu Futtern bekommen, viel spazieren gehen, noch mehr zusammensitzen, den Kamin anheizen, guten Wein aus Napa Valley trinken und reden. Wie es die meisten Familien zu Weihnachten tun.«
»Dann drücke ich dir mal die Daumen, Lee, dass dich die fünf Klassiker nicht doch irgendwie an die Wand spielen.«
Lee: »Keine Sorge. Ich kann mich durchsetzen.«
»Das glaube ich ohne Weiteres. Und bis dahin? Was treibt ihr in den verbleibenden zwei Wochen?«
Lee: »Wir bereiten uns auf unser letztes Konzert in diesem Jahr vor. Ist ja keine Neuigkeit, Seattle ist praktisch zugepflastert mit Plakaten.«
»Genau. Auch hier im Sender haben wir schon darüber berichtet: Am zweiundzwanzigsten gebt ihr ein Benefizkonzert zugunsten Obdachloser in Seattle. In der Benaroya Hall spielt ihr gemeinsam mit … na, sagt es selbst!«
Lee: »Mit den Jungs von Pearl Jam.«
»Unglaublich, oder?«
Lee: »Eine große Ehre. Da wird für einige von uns, für mich im Besonderen, ein Traum wahr. Diese Location und diese Band. Einfach grandios.«
»Und ihr, liebe Lauscher, könnt Tickets gewinnen. Unter allen Anrufern verlosen wir fünfmal zwei Karten für Pearl Jam meets SOLO. Also, ran an die Telefone. Mit ein bisschen Glück seid ihr dabei. Für einen Vorgeschmack gibt’s jetzt Line of Fire, ganz frisch von der EP Mercury Blood. Viel Vergnügen damit. Judith und Lee, danke, dass ihr hier wart.«
Lee: »Gern doch.«
Judith: »Frohe Weihnachten allen Zuhörern.«
Autor
Seiten
Genre
Sprache
Lesealter
Herausgeber
ISBN-10 Nummer
ISBN-13 Nummer
Quality Paperback
eBook
Weitere Bücher
c/o Literarische Agentur
Silke Weniger
Würmstraße 11a
82166 Gräfelfing
Deutschland
Telefon: 089.89 89 949 – 0
E-Mail: jules(at)juliane-kaeppler.de
Copyright © 2024 | Juliane Käppler | Website: Coffeebean WebConcepts